Donnerstag, 9. August 2007

Rimming:The Weeping

Teil 1 des Grindcore: The RoleplayingGame - Projektes

1. „Aber wenn ich transparent spiele, dann geht doch die ganze Spannung in den Arsch…“ - Dark Satan-Whore 666* (deceased)

Jedesmal wenn ich am Spiel-Tisch oder in Diskussionen diesen Satz höre, wandert meine Hand instinktiv zu dem Bolzenschuß-Gerät, welches ich (leider Gottes) gar nicht besitze. Irgendwo scheint irgendwer irgendwem erzählt zu haben, dass offenes Würfeln die Spannung kaputt machen würde; dass die berechtigte Frage, warum man mit einem Höchstwerk im „Schurken erschnüffeln“ nicht einmal würfeln dürfte, um mitzubekommen, dass eine ganze Horde von Goons direkt auf einen zutrampelt. Der Sinn eines Rollenspiels und in diesem Falle eines Horror-Rollenspiels liegt mitnichten darin, dass ich mir mühsam einen Charakter baue, der dann im Grunde nur ein Statist für die Phantasien eines Egomanen ist. Ich habe nichts dagegen, dass mein Charakter knietief in der Scheiße watet und andauernd auf die Schnauze fliegt, so lange es in einem Rahmen passiert, der vom Regelwerk gestützt wird. Und jedesmal, wenn ich irgendwelche Verweise auf braune Regeln höre, dass der Spielleiter bescheißen muss, damit ein Horrorszenario funktioniert, setzt mein Schließmuskel aus. Denn das ist die beschissenste aller Entschuldigungen für Willkür und Geschichtenerzähler-Heititei; denn langsam aber sicher mausert sich das Horror-Genre (oder jene die sich dafür halten) zu einem Bollwerk wider des fairen Spiels. Was beim action-orientierten Rollenspiel eigentlich auch für den letzten Deppen offensichtlich sein sollte, wird in viel zu vielen Horror-Runden ignoriert. Da wird einem die fünfte Geistesstörung an die Arschbacke genagelt, ohne auch nur den geringsten Regelbackground, einfach weil es entweder wichtig ™ für die Storyline sei oder weil der Spielleiter seinen kleinen Pippimann kompensieren muss.

Jedes halbwegs vernünftige Horror-Rollenspiel bietet REGELN, die die wichtigsten Mechanismen im Spiel wiederspiegeln und für Sachen, die davon nicht abgedeckt werden, bastelt man sich Hausregeln, an denen alle Spieler beteilligen und zumindest absegnen. Spielleiter, die solche fundamentale Prinzipien ignorieren oder gar auf die braune Regel verweisen, sollte man fachgerecht entsorgen.

2. „Ein Rollenspiel um persönlichen Horror“ - Werbetext

welches gar keines ist. Bevor irgendein Honk demnächst wieder das Scheitern von bestimmten Rollenspielen der Internet-Szene in die Schuhe schiebt, verraten wir nicht um welches es sich handelt, sondern verwenden das Synonym „Dhampire - The Charade“. Ein Spiel, dass erfolgreich über den Markt fegte, der Szene eine Menge Goten-Wechselbälger bescherte und so fucking underground ist, dass es sogar noch auf der Ulysses*, die einfach fachgerecht D&D wegen Kommerz verbannt haben, gespielt werden darf. Packt man dieses Kunstwerk auf Altpapier aus, stellt der geneigte Rollenspieler fest, dass er keine Ahnung hat, warum sich das Spiel so gut verkauft: Der angepriesene persönliche Horror wird nicht gefunden, dafür wird man mit cheesy Fluff (der weder im Original noch in der Übersetzung irgendwie gut geschrieben ist), fiesen Illustrationen, miesen Regeln und einem abstrusen Metaplot (Spirituelle Atombomben… Ich glaube es wird Zeit meine Unterhose zu wechseln) konfrontiert. Von den zig Zusatzbüchern, die wirklich alles bis auf die Frage, wie der Kackhaufen eines Vam… entschuldigung Dhampirs aussieht, will ich gar nicht erst anfangen. Rollenspiel wird zum interaktiven Theater, zum Geschichten-Erzählen-Piez ohne Anfassen degradiert und der Dammbruch eines jeden egomanischen Spielleiters in Form der braunen Regel garantiert.

Abstrusität ist eines der Merkmale des Spiels, angefangen von seinem Patchworking, über das fragwürdige Geschichtsbild, welches in zahlreichen Büchern gezeichnet wird bis hin zur Charakterbuild. Nichts davon enthält auch nur eine Note Horror, es sei denn man bezeichnet Blutflecken auf Rüschen, einen schlechten Wein zu erwischen oder dass jemand das selbstgeschriebene Sonett als Scheiße befunden hat, als Horror. Alleine die Tatsache, dass man kastrierte Gestalten aus dem Horrorgenre spielen darf, rechtfertigt scheinbar die Einordnung in die Sparte.

Der Characterbuild treibt jedem Munchkin Freudentränen in die Augen, einfach ausgedrückt unbalanced, dazu motivierend Scheiß-Konzepte (Halb-Engel, eigentlich Dämon, Viertel Werkarnickel, Drittel Arschkrampe, von mysteriösen Bergziegen-Ninjas in Tibet aufgezogen, dann zum Dhampir gemacht worden, nur echt mit schwarzem Mantel und magischem Kantana) zu basteln, irgendwo wird man sogar noch ermutigt seinen Spielleiter mit dreißig-seitigen Biographien vollzurotzen. (naja wer Dhampire leitet hat nix besseres verdient)

Durch die ganze Serie zieht sich ein widerlicher Hang zum Hollywood-Weltbild, das in der psychologischen Abteilung, die ja eigentlich lebenswichtig für ein Horror-Spiel ist, seine hässliche Fratze offenbart. Da wird geschickt mit der Hollywood-üblichen Psycho-Scheiße jongliert, die Jung und Freud zur Selbstkasteiung getrieben hätten. Garniert wird das ganze mit einer Portion Anne Shice.

Das einzige, was dieses Spiel an Horror bietet, sind seine Spieler. Ansonsten bietet das Spiel nur eine Anreihung von Gründen, warum es kein Horrorrollenspiel ist.


* Namen von der Eitersäbel-Redaktion geändert, bevor irgendwer sich wieder ins Höschen macht.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein Spiel, dass [...] so fucking underground ist, dass es sogar noch auf der Ulysses*, die einfach fachgerecht D&D wegen Kommerz verbannt haben, gespielt werden darf.
90% der freien teutonischen Rollenspiele und damit auch ein guter Teil des Arbeitskreises Ulysses* scheinen designtechnisch Hellgrauer Hund für den Gipfel jedes Schaffens zu halten und "Kerker & Kakodämonen"*, "Darkjogger"* und "Deutsches Sportbund-Abzeichen"* von der Intention her für munchkinistische Ausgeburten der Hölle zu halten bzw als armen, nicht ausreichend "mature"n Schwippschwager ihres Idols zu empfinden, was erwartest du da?

Es hat schon seinen Grund dass ich mir noch überlege ob ich mein Heimgebräu dort anmelde oder nicht. Ich weiß noch nicht ob die Bekanntheit von deren Verzeichnis den Ruf der meisten dort zu findenden Spiele wieder wettmacht oder nicht.

Anonym hat gesagt…

Jaja, das was mich an der Dhampire Spielerschaft mindestens genauso wie die eSeL-Hörigkeit der blauen augen Spielerschaft aufregt.

Ich meine, ich mag die neueste Inkarnation des Dhampires, aber wenn die Spieler nicht damit klar kommen, das es immer noch ein Horror SPiel ist, dann möchte ich mal erleben wie die auf ein richtiges Horrorspiel, eines ohne Stützräder und Nettigkeiten reagieren.

Gruß

Anonym hat gesagt…

Wahrscheinlich gar nicht, weil sie damit in DLand nur schwerlich in Berührung kommen. KULT und Serials waren hierzulande indiziert wenn ich mich recht entsinne. Und Michel Spieler der kein Deutsch kann, kommt somit nicht ohne weiteres mit "richtigem" Horror in Berührung.
Für den Massenmarkt braucht's nunmal Weichspüler.

Anonym hat gesagt…

Hmm, meines Wissens nach ist Kult ab 16, zumindest die dt Ausgabe die ich noch hab, aber es war in Deutschland tatsächlich etwas zu verrufen, zumindest wenn ich mir noch alte Rezensionen aus Rollenspielzeitschriften anschau.

Gruß

Anonym hat gesagt…

Wenn ich genauer darüber nachdenke, muss ich sagen, das auch vielfach die deutschen Rollenspieler auch einfach nicht auf richtigen Horror stehen. Wenn ich ankomme und frage ob jemand Lust hat mal ne Runde KULT zu spielen, dann heißt es immer "mimimimi ist mir zu krass... ich mag kein horror". Naja, das sind dann die selben Spieler die beim "blauen Auge" Dann immer Charaktere Marke XXX von und zu Liebenstein spielen oder die achso coolen Lassombra assasinen nur echt mit Coolness faktor 1000.
Und wenn sie selber leiten ihre Allmachtsfantasien ausleben aber wehe man tut ihren Chars dasselbe an...
eitersäbel kann da ja aus den alten Tagen wahrscheinlich auch noch was erzählen wie schwer es war mal ne Horrorrunde zu spielen.
Es ist manchmal echt zum Verzweifeln und man möchte einfach nur kotzen als eSeL ist es schon schwer genug, aber dann mal selbst spieler in einer Horrorrunde zu sein ist eigentlich unmöglich.

Gruß